Spätestens und vor allem durch die Fridays for Future Bewegung müsste mittlerweile eigentlich jedermann und -frau bewusst sein, wie wichtig und dringend das Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit für das zukünftige Bestehen dieses Planeten ist. Ob im Alltag oder im Berufsleben, Nachhaltigkeit ist derzeit überall vertreten und bringt die eine oder andere Veränderung mit sich. Und das Thema tut vor allem eins: es fordert auf, umzudenken, im Kleinen wie im Großen. Auch Unternehmen, quer durch alle Branchen, werden sich ihrer Verantwortung immer bewusster.
Eine Umfrage zeigt, dass 62 % der Führungskräfte eine Nachhaltigkeitsstrategie für notwendig halten, um heute wettbewerbsfähig zu sein, und weitere 22 % glauben, dass dies in Zukunft der Fall sein wird. Hier zeigt sich: Nachhaltigkeit in Unternehmen wird mehr und mehr zu einem DER Themen.
Nachhaltigkeit, was ist das eigentlich?
Doch was ist Nachhaltigkeit eigentlich genau? Gibt es dafür überhaupt eine Definition? Ja die gibt es: „Simpel“ ausgedrückt ist Nachhaltigkeit ein unternehmerischer Ansatz zur Schaffung langfristiger Werte, indem berücksichtigt wird, wie eine bestimmte Organisation im ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Umfeld agiert. Nachhaltigkeit basiert auf der Annahme, dass die Entwicklung solcher Strategien die Langlebigkeit von Unternehmen fördert.
Eine Verbindung zwischen Nachhaltigkeit und Unternehmen stellt der Begriff „Triple Bottom Line“ her: Die drei Komponenten der „Triple Bottom Line“ sind Gewinne, Menschen und der Planet. Das bedeutet auf die Praxis übertragen, dass ein nachhaltiges Unternehmen Gewinne erwirtschaftet indem es sozial verantwortlich handelt und die Ressourcen des Planeten schont.
Doch es besteht ein Problem, für dessen Erklärung es nicht viele Worte bedarf, ein Problem, das jeder kennt, ob bewusst oder unbewusst und ein Problem, vor dem viele noch die Augen verschließen: Wenn Unternehmen nicht verantwortungsvoll als Mitglieder der globalen Gemeinschaft handeln, wird die Mehrheit vieler Arten das 21. Jahrhundert nicht überleben. Environmental Sustainability stellt fest, dass die vom Menschen verursachte Rate des Aussterbens von Pflanzen- und Tierarten gegenwärtig Hunderte Male höher ist als die natürliche Rate in der Vergangenheit.
Laut Environmental Sustainability sind wir auf dem besten Weg, bis 2050 27 Milliarden Tonnen Abfall zu produzieren, und zwar aufgrund eines Geschäftsumfelds, das die schnelle Produktion und den schnellen Umsatz von Produkten für maximale Gewinne priorisiert. Unkontrollierte CO2-Emissionen werden bis 2050 voraussichtlich zu einem Temperaturanstieg von zwei Grad Celsius beitragen, was zu einem Anstieg des Meeresspiegels und einer Zunahme katastrophaler Wetterereignisse führen wird.
Eine Studie ergab, dass nur 100 Unternehmen für 71 % der weltweiten Emissionen verantwortlich sind. Jetzt ist es an der Zeit, dass Unternehmen Teil der Lösung werden, Emissionen und Abfälle reduzieren und dazu beitragen, einen lebenswerten Planeten zu kultivieren. Die gute Nachricht ist, dass Unternehmen einen großen Einfluss ausüben können und für 60 % der Emissionsreduzierung bis 2030 verantwortlich sind, wie es das Pariser Klimaabkommen vorsieht.
So funktioniert Nachhaltigkeit in Unternehmen
Was können Unternehmen konkret tun, um sich für Nachhaltigkeit einzusetzen, was machen Unternehmen bereits und welche Ideen gibt es?
Eine Sache, die viele Unternehmen mittlerweile schon in ihren Alltag integrieren, ist umweltfreundliches Pendeln. Das tägliche Pendeln ist eine permanente Belastung für die Umwelt. Jeden Tag verschwenden die Menschen 2,9 Milliarden Liter Benzin, wenn sie im Verkehr feststecken, und jede Person büßt pro Jahr 710 Dollar an Produktivität ein. Grünes Pendeln könnte einen großen Einfluss auf die Umwelt haben, indem es die täglichen Emissionen reduziert. Fahrradfahren, Fahrgemeinschaften und Busfahren sind alles Formen des umweltfreundlichen Pendelns, die helfen können, zur Nachhaltigkeit beizutragen, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Arbeitsplatzes.
Und nachhaltig sein ist einfacher, als die meisten denken. Hier einige Beispiele, was der Einzelne aber auch ganze Unternehmen machen können, um ihren Beitrag für einen besseren Planeten zu leisten:
- Abfallreduzierung
- Vermeidung von Umweltverschmutzung
- Einsatz von sauberer Energie, Wassereinsparung
- Begrünung des Planeten durch das Pflanzen von Bäumen
- Verwendung nachhaltiger Materialien
- Herstellung nachhaltiger Produkte
- Einführung nachhaltiger Richtlinien für Geschäftsreisen
Ein großes Problem sind Flugreisen, die für 10 bis 25 % des CO2-Fußabdrucks internationaler Unternehmen verantwortlich sind. Das Angebot alternativer, umweltfreundlicherer Transportmöglichkeiten, wie Züge, ist eine Möglichkeit, CO2-Emissionen durch Flugreisen zu vermeiden.
Durch die Corona Pandemie wurde, wenn auch nicht unbedingt bewusst, ein großer Beitrag zur Umwelt geleistet: das Home Office. Nachweislich wirkt es sich positiv auf die Menschen durch eine bessere Work-Life-Balance, auf den Planeten durch weniger CO2-Emissionen und auf den Gewinn durch weniger Reisen, weniger Zeitverschwendung, weniger Kosten aus.
Prominente Vorbilder
Mittlerweile gibt es einige prominente Vorbilder und Beispiele, die Vorreiter im Bezug auf Nachhaltigkeit in Unternehmen sind bzw einen guten Anfang in die richtige Richtung gewagt haben: Nike und Adidas haben beide ernsthafte Schritte unternommen. Während Nike sich auf die Reduzierung von Abfällen und die Minimierung des ökologischen Fußabdrucks konzentriert hat, hat Adidas eine umweltfreundlichere Lieferkette geschaffen und sich auf spezifische Themen wie Färbung und Beseitigung von Plastiktüten konzentriert.
Giganten wie Walmart, IKEA und H&M haben sich in Richtung eines nachhaltigeren Einzelhandels bewegt, vor allem durch die Zusammenarbeit innerhalb ihrer Lieferketten, um Abfälle zu reduzieren, die Ressourcenproduktivität zu erhöhen und den Materialeinsatz zu optimieren. Sie haben auch Schritte unternommen, um die lokalen Arbeitsbedingungen bei Lieferanten aus Schwellenländern zu verbessern.
Wo liegt die Herausforderung?
Es scheint so einfach – Nachhaltigkeit in Unternehmen, doch warum ist das nicht schon lange ein Standard? Zwischen der Idee bzw. Vorstellung und der Umsetzung gibt es eindeutig eine große Lücke. In der Realität ist es nicht nur eine, sondern zwei. Die sogenannte „knowing-dring gap“ und die „Lücke zwischen Compliance und Wettbewerbsvorteil“. Erstere wird durch eine Studie von BCG/MIT verdeutlich, die zu dem Ergebnis kommt, dass zwar 90 % der Führungskräfte Nachhaltigkeit für wichtig halten, aber nur 60 % der Unternehmen Nachhaltigkeit in ihrer Strategie und nur 25 % in ihrem Geschäftsmodell verankert haben.
Die „Lücke zwischen Compliance und Wettbewerbsvorteil“ stellt folgendes Problem bei der Umsetzung dar: Mehr Unternehmen sehen Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil, aber es ist immer noch eine Minderheit – nur 24%. Dennoch müssen alle Unternehmen die Compliance einhalten. Das Management sollte diese Themen getrennt voneinander angehen – und sie nicht miteinander vermischen. Compliance ist ganzheitlich, ein „must do“. Für den Wettbewerbsvorteil zählen nur wenige wesentliche Themen.
Trotz der Bedeutung von Nachhaltigkeit für verschiedene Unternehmensaktivitäten gibt nur ein Viertel der Führungskräfte an, dass sie auf der Agenda ihrer CEOs ganz oben steht. Das mangelnde Gewicht in der Top-Agenda der Führungskräfte zeigt sich in der relativ geringen Anzahl von Aktivitäten, die Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit tatsächlich verfolgen: Nur 28 Prozent stimmen zu, dass ihre Unternehmen aktiv nach Möglichkeiten suchen, in Nachhaltigkeit zu investieren, 29 Prozent geben an, dass Nachhaltigkeit in die Geschäftspraktiken ihrer Unternehmen integriert ist, und nur 16 Prozent sagen, dass ihre Unternehmen aktiv relevante Regulierungen mitgestalten.
Weitere Herausforderungen stellen folgende Themen dar: Mangel an Ressourcen, denn manche Unternehmen glauben, dass sie nicht über die nötigen Ressourcen – nämlich Zeit und Geld – verfügen, um Nachhaltigkeitsstrategien richtig und effektiv umzusetzen. Auch unzufriedenes Personal macht es den Unternehmen nicht einfacher, ihre Vorhaben umzusetzen, denn egal, ob es sich um das obere Management oder die Mitarbeiter*in handelt, es kann schwierig sein, Nachhaltigkeitsinitiativen tatsächlich umzusetzen, wenn andere Personen im Unternehmen diese nicht unterstützen, sie nicht ernst nehmen oder sich nicht dafür interessieren. Viele Unternehmen haben mit der Unfähigkeit, den Erfolg zu bewerten, zu kämpfen, weil es unmöglich ist zu wissen, ob sich ihre Bemühungen lohnen, wenn das Ergebnis nicht genau messen werden kann.
Das sagen die Chef*innen
Doch was sagen eigentlich die, die das Sagen haben, die Chef*innen, die Führungskräfte zum Thema Nachhaltigkeit?: Mehr als 50 Prozent der Führungskräfte halten Nachhaltigkeit für „sehr“ oder „extrem“ wichtig in einer Vielzahl von Bereichen, so die jüngste McKinsey-Umfrage. Dennoch verfolgen Unternehmen keinen proaktiven Ansatz beim Management von Nachhaltigkeit. Ein möglicher Grund dafür, dass sich so viele Unternehmen nicht aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen, obwohl die Medien und einige Verbraucher und Investoren dem Thema Aufmerksamkeit schenken, ist, dass viele keine klare Definition dafür haben: 56 Prozent aller Befragten definieren Nachhaltigkeit auf zwei oder mehr Arten.Trotz dieser unterschiedlichen Definitionen sind die meisten Befragten der Meinung, dass Nachhaltigkeit einen echten Mehrwert schafft.
Win-win
An dieser Stelle klarzustellen ist, Nachhaltigkeit sollte vordergründig der Umwelt und der Zukunft unseres Planeten zuliebe in Unternehmen mit einbezogen werden. So haben Unternehmen aber sogar eine Win-win-Situation, denn auch sie können durch das Thema Nachhaltigkeit profitieren. Wie das? Ein Punkt hierbei ist die Unternehmensreputation. Mehr als die Hälfte der Befragten der oben bereits erwähnten McKinsey-Studie bestätigen, dass Investitionen in Nachhaltigkeit dem Ansehen ihres Unternehmens helfen, und ein Großteil sieht den Aufbau des Ansehens als Hauptgrund für die Beschäftigung mit Nachhaltigkeitsthemen.
Auch wenn es im ersten Moment vielleicht ein wenig unverständlich sein mag, aber Unternehmen können durch nachhaltiges Verhalten die Geschäftskosten reduzieren: Die „Ökologisierung“ erfordert zwar eine Anfangsinvestition, aber im Zeitverlauf wird Geld gespart, indem der Nachhaltigkeit Priorität eingeräumt wird . Eine McKinsey-Umfrage über das Geschäft mit der Nachhaltigkeit ergab, dass ein Drittel der Unternehmen nachhaltige Praktiken integrieren, um die betriebliche Effizienz zu verbessern und die Kosten zu senken – was einen Anstieg von fast 20% gegenüber dem Vorjahr bedeutet.
Last but not least bietet Nachhaltigkeit einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil: Unternehmen, die Nachhaltigkeit in ihre Strategie integriert haben, schneiden besser ab als solche, die das nicht tun. Jeffrey Hollender, Professor für Nachhaltigkeit an der NYU Stern, sagt: „Sie werden finanziell besser abschneiden, wenn Sie Dinge wie ein großartiges Nachhaltigkeitsprogramm haben.“ Die Forscher*innen der Harvard Business Review stimmen ihm zu: „Wir haben die Nachhaltigkeitsinitiativen von 30 großen Unternehmen über einen längeren Zeitraum untersucht. Unsere Untersuchungen zeigen, dass Nachhaltigkeit eine wahre Fundgrube für organisatorische und technologische Innovationen ist, die sowohl den Gewinn als auch den Umsatz steigern.“
Augen auf: Greenwashing
Nicht zu verwechseln mit tatsächlichem Engagement für die Umwelt ist das Phänomen „Greenwashing“. Ein wenig zynisch ausgedrückt könnte man sagen, dass man von Greenwashing spricht, wenn Unternehmen mehr Zeit und Geld darauf verwenden, ihre Produkte oder ihre Marke als „grün“ zu vermarkten, anstatt tatsächlich die harte Arbeit zu leisten, um sicherzustellen, dass sie nachhaltig ist. Schaut man in einem Wörterbuch nach, liest man folgende Definition: „Menschen glauben zu machen, dass Ihr Unternehmen mehr für den Umweltschutz tut, als es tatsächlich tut.“
Ein solcher Greenwashing-Fall ist Konzern Volkswagen, der zugegeben hat, Abgastests zu betrügen, indem er verschiedene Fahrzeuge mit einer „Abschalteinrichtung“ ausstattete – einer proprietären Software, die erkennen konnte, wenn ein Abgastest durchgeführt wurde, und die Leistung veränderte, um den Schadstoffausstoß zu senken, während er gleichzeitig in Marketingkampagnen die emissionsarmen Eigenschaften seiner Fahrzeuge anpries. In Wahrheit stießen diese Motoren jedoch bis zum 40-fachen des erlaubten Grenzwertes für Stickoxid-Schadstoffe aus.
Fazit: Unausweichlicher Zukunftstrend
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Nachhaltigkeit eine große Herausforderung ist, die nicht nur einzelne Unternehmen betrifft. Aber erfreulicherweise entwickeln eine Reihe großer Unternehmen eine zukunftsorientierte Nachhaltigkeitspolitik. Es wird deutlich, dass Nachhaltigkeit ein Megatrend ist, der nicht verschwinden wird!
Willst du mehr zu dem Thema erfahren? Dann kannst du auf unserem Blog auch einen Eintrag zum Thema Nachhaltige Investitionen finden!